Biografie
Lore L., 45, ist als eines von sieben Kindern in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen.
Nach dem Auszug aus dem Elternhaus jobbte sie längere Zeit, erwarb
dann auf dem zweiten Bildungsweg den Hauptschulabschluss, die Realschulreife
und den Hochschulzugang und nahm 1993 ein Studium auf. Kurz zuvor wurde
Tochter Li (12) geboren. In den Folgejahren erfolgte die Trennung vom Ehemann,
die Ausbildung wurde nicht beendet und Lore musste zum Sozialamt. Sie arbeitete
in einer Beschäftigungsmaßnahme, machte im Anschluss eine Umschulung
und wurde vom ehemaligen Ausbildungsbetrieb übernommen.
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Studium - Kind Scheidung Sozialamt
(2000)
Lore L. arbeitet aktuell in einer kommunalen Beschäftigungsmaßnahme.
Für sie ist es das erste Mal in ihrer Biografie, dass sie über
ein relativ konstantes ausreichendes Einkommen verfügt. Bisher musste
sie den Unterhalt für sich und Tochter Li vorrangig mit schlecht
bezahlten, tariflich zumeist ungesicherten Tätigkeiten bestreiten.
Aufgrund ihrer familiären Herkunft und den Lebensumständen hat
Lore in jungen Jahren zunächst keinen qualifizierten Schulabschluss
erwerben können. Ihre Bemühungen um einen Ausbildungsplatz bleiben
erfolglos und Lore L. lebt mehrere Jahre von prekären Jobs in der
Gastronomie oder im Versicherungsgewerbe - unterbrochen durch Phasen der
Erwerbslosigkeit. Dann holt sie alle entgangenen Bildungsabschlüsse
nach und nimmt ein Pädagogikstudium auf.
In diese Zeit fällt die Geburt der Tochter Li. Nun muss neben dem
Studium auch noch der gemeinsame Haushalt und das Leben mit Kind organisiert
werden. Dies mit wenigen Mitteln, denn der Vater des Kindes befindet sich
ebenfalls noch in der Ausbildung. Trotz sparsamster Haushaltsführung
kann der Bedarf alsbald nicht mehr gedeckt werden. Eine Nebentätigkeit
wird aufgenommen und das Studium gerät in Verzug. Die großen
Anstrengungen dieser Lage führen zu Spannungen in der Partnerschaft
und schließlich erfolgt die Trennung. Als dann auch noch die Ausbildungsförderung
wegfällt, bleibt schließlich nur der Weg zum Sozialamt.
Nachdem es gelingt, einen Kindertagesstättenplatz für Tochter
Li zu sichern, kann Lore ein öffentlich gefördertes Beschäftigungsverhältnis
im pädagogischen Bereich aufnehmen. Die Tätigkeit ist zwar auf
ein Jahr befristet. Doch sie sichert Lore ein geregeltes Einkommen, Ansprüche
bei der Arbeitsagentur und verbessert ihre Chancen am Arbeitsmarkt. Lore
hofft im Anschluss auf eine öffentlich geförderte Umschulung.
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Ich bin auf einem guten Weg
(2005)
Lore hat ihre Ausbildung als Ausstatterin erfolgreich
abgeschlossen und arbeitet jetzt als Angestellte im ehemaligen Ausbildungsbetrieb.
Das Einkommen aus der Halbtagsbeschäftigung wird durch Kindergeld
und Unterhalt für die Tochter Li ergänzt, und so reicht es aus,
um den Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten.
Die Ausbildung wurde von der Osnabrücker Arbeitsagentur unterstützt.
Bereits als Lore noch von Mitteln des Sozialamtes lebte, hatten ihr die
Vermittler geraten, über eine kommunale Beschäftigungsmaßnahme
Leistungsansprüche bei der Agentur zu erwerben, um dann eine geförderte
Umschulung zu bekommen. Damit würde sie wieder eine realistische
Arbeitsmarktperspektive gewinnen. Lore war dem Vorschlag gefolgt, und
die Arbeitsagentur hatte die Umschulung genehmigt. Teilweise wurden auch
die Kosten für die Kinderbetreuung übernommen.
Dabei war die Ausbildung für Lore nicht leicht zu absolvieren. Allein
erziehend mit einem Kind, musste sie dem Betrieb ganztags zur Verfügung
stehen. Ihre Arbeitszeiten erstreckten sich auch auf Freitagnachmittage
und Samstage. Und in der Berufsschule musste sie in zwei Jahren lernen,
wozu andere Auszubildende drei Jahre Zeit haben. Tochter Li brauchte ebenfalls
Unterstützung, bei den Hausaufgaben, bei persönlichen Problemen.
Bei alltagspraktischen Problemen konnte Lore immer wieder die Hilfe von
Freunden in Anspruch nehmen. Denn während der Ausbildung war sie
von morgens halb sieben bis abends zehn mit Arbeit, Haushalt und Kindererziehung
beschäftigt.
Trotz dieser Anstrengungen ist Lore froh, dass es mit der Ausbildung geklappt
hat. Denn ohne Ausbildung wäre sie mit ihrer Biografie heute völlig
chancenlos am Arbeitsmarkt. Jetzt verfügt sie immerhin über
einen interessanten Job und ein geregeltes Einkommen. Ein Wermutstropfen
bleibt: Ungünstige Arbeitszeiten machen es ihr weiterhin schwer,
Arbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen.
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